Mittwoch, 14. August 2013

Die Zürcher Verlobung (1957) Helmut Käutner

Inhalt: Die bisher wenig erfolgreiche Schriftstellerin Juliane Thomas (Lieselotte Pulver) beendet enttäuscht die Beziehung mit ihrem untreuen Freund Jürgen Kolbe (Wolfgang Lukschy) und fährt nach Berlin zu ihrem Onkel Dr.Julius Weyer (Werner Finck), einem Zahnarzt, um die Angelegenheit zu verdauen. Damit sie auf andere Gedanken kommt, dient sie sich als Zahnarzthelferin an, zeigt dabei aber nur wenig Engagement. Das ändert sich, als mit Dr. Jean Berner (Paul Hubschmid) ein attraktiver Mann im Wartezimmer erscheint, der seinen Freund Paul Frank (Bernhard Wicki) begleitet, den die Zahnschmerzen zum Arzt trieben. Obwohl schon mit Alkohol beruhigt, erweist sich Frank wenig souverän im Patientenstuhl, während dessen Freund Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt, weshalb sich Juliane Hals über Kopf in ihn verliebt.

Wieder zu Hause in Hamburg, nimmt sie dieses Erlebnis zum Anlass, ein Drehbuch zu schreiben. Den ungehobelten Paul Frank nennt sie darin „Büffel“ und aus ihrer Begegnung mit Dr. Berner lässt sie eine Liebesgeschichte entstehen - selbstverständlich mit Happy-End. Zu ihrer Überraschung wird ihr Drehbuch angenommen und sie soll bei dem Regisseur vorsprechen, bei dem es sich ausgerechnet um den besagten „Büffel“ handelt…


"Die Zürcher Verlobung" gehört zu den unverwüstlichen Komödien des Fernsehzeitalters, die meist an irgendwelchen Sonntagnachmittagen wiederholt werden, was der Reputation nicht unbedingt dienlich war. Dabei drehte Regisseur Helmut Käutner nach seinem Erfolg mit der Zuckmayer-Verfilmung „Der Hauptmann von Köpenick“ (1956) im Jahr darauf neben „Monpti“ noch eine zweite Komödie, die neben ihrem intelligenten, charmanten und witzigen Drehbuch nach dem Roman von Barbara Noack noch eine weitere, Mitte der 50er Jahre im deutschen Film, seltene Eigenschaft aufwies – sie befand sich auf der Höhe der Zeit, oder genauer, war ihr vielleicht sogar ein wenig voraus. Selten beschäftigte sich ein humorvoll angelegter Film dieser Phase so unmittelbar mit der bundesrepublikanischen Gegenwart und wurde zudem von Käutner, obwohl die Handlung unter Filmprominenz und Besserverdienenden angelegt ist, gleichzeitig selbstironisch und ohne kitschige Peinlichkeiten inszeniert.

Neben Liselotte Pulver, die zwischen den Kurt Hoffmann Filmen „Heute heiratet mein Mann“ (1956) und „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ (1957) erstmals mit Helmut Käutner zusammen arbeitete, wählte er nicht zufällig Bernhard Wicki für die Rolle des Regisseurs Paul Frank aus, dessen im Film vertretene Meinung viel über Käutners eigene Haltung verrät. Wicki hatte nicht nur in „Die letzte Brücke“ (1954) unter ihm seine erste Hauptrolle gespielt, er ging noch im selben Jahr bei den Dreharbeiten zu „Monpti“ als Assistent bei ihm in die Lehre, bevor er selbst mit „Die Brücke“ (1959) als Regisseur reüssierte – entsprechend viel Persönliches wird in „Zürcher Verlobung“ spürbar, von Käutner noch auf die Spitze getrieben, indem er selbst in einem Cameo-Auftritt als Journalist äußert, er fände es nicht gut, wenn ein Regisseur in seinem eigenen Film mitspielt. Auch Sonja Ziemann tritt als sie selbst auf und spielt darin mit ihrem Image, nicht die talentierteste zu sein.

Dieser hintergründige, selbstironische Humor zeichnet den gesamten Film aus, der nach außen hin eine scheinbar normale Liebesgeschichte erzählt. Im Mittelpunkt steht Juliane Thomas (Liselotte Pulver), die in einem großen 50er Jahre - Wohnblock in Hamburg lebt. Zu Beginn sieht man sie enttäuscht Reliquien einer vergangenen Liebes-Affäre verbrennen, um dann - um Abstand zu gewinnen - nach Berlin zu ihrem Onkel, dem Zahnarzt Dr.Julius Weyer (Werner Finck), zu fahren, der sie mit den freundlichen Worten empfängt, wann endlich eine ihrer Beziehungen klappt und sie einen ordentlichen Job findet. Finck wiederholte damit seine Rolle als Zahnarzt in „Heute heiratet mein Mann“, in dem Liselotte Pulver ebenfalls eine selbstbewusste, junge Frau spielte, allerdings noch nicht mit der Konsequenz wie in „Die Zürcher Verlobung“. Die Szene, in der sich Lieselotte Pulver in knappem Negligé über ihren ins Nebenzimmer ausgelagerten Ex (Wolfgang Lukschy) beugt, um die Schallplatte auszumachen, während er versucht, sie zu sich ins Bett zu ziehen, erzählt eine andere Geschichte als im konservativ geprägten Heimatfilm oder moralisch genormten Komödien dieser Zeit – Sex vor der Ehe ist hier genauso selbstverständlich wie unsichere Arbeitsverhältnisse.

Ihre Erlebnisse als Zahnarzthelferin bei ihrem Onkel, hatte die selbstbewusste Juliane in einem Drehbuch umgesetzt, welches sie an diverse Produktionsgesellschaften geschickt hatte. Im Mittelpunkt ihrer Story stehen zwei Männer – Einer, den sie "Büffel" nennt, da er einen besonders unfreundlichen und gleichzeitig feigen Eindruck hinterließ, als er auf denkbar unvorteilhafteste Weise auf dem Zahnarztstuhl randalierte, und im Gegensatz dazu, dessen Freund und Begleiter Dr. Jean Berner (Paul Hubschmid), einem attraktiven Schweizer Arzt, in den sich die junge Frau sofort verliebt, weshalb sie aus dieser Begegnung eine romantische Liebesgeschichte entwickelte. Ihre Freude, als ihr Drehbuch angenommen wird, ist zuerst sehr groß, trübt sich aber, als sie sich bei dem Regisseur des geplanten Films vorstellt, bei dem es sich um Niemand Anderen als den von ihr beschriebenen "Büffel" handelt. Paul Frank (Bernhard Wicki), der sich gut getroffen findet, gefällt das Drehbuch gerade deshalb, hält aber die Liebesgeschichte für unrealistisch und kitschig – besonders das typische Happy-End lehnt er ab.

Von ihm darauf angesprochen, ob sie selbst in seinen Freund verliebt wäre, widerspricht Juliane diesem Verdacht und erfindet in ihrer Erklärungsnot einen anderen Mann, mit dem sie sich demnächst in Zürich verloben würde. Die Titel gebende „Zürcher Verlobung" ist entsprechend eine Fälschung, die der Film zum Anlass für eine Vielzahl an Diskussionen nimmt, die bis heute aktuell geblieben sind. Allein die Frage, ob sich die Story nach dem Willen des Publikums richten soll oder künstlerische Gesichtspunkte wichtiger sind, wird wiederholt aufgeworfen. Beide Haltungen gelten nicht als vereinbar und geben die unterschiedlichen Herangehensweisen an einen Film wider – während der Produzent von Julianes Liebesgeschichte sehr angetan ist und schon die Begeisterung des Publikums vor Augen hat, lässt Regisseur Paul Frank ständig das Drehbuch ändern, um die Story authentischer und realistischer werden zu lassen.

Trotz dieser Thematik blieb Käutner in „Die Zürcher Verlobung" schwerelos und siedelte die Handlung, deren Liebesgeschichte sich unerwartet und untypisch entwickelt, vor den verschneiten Berge um St.Moritz an. Und bewies damit, dass auch deutsche Komödien der 50er Jahre geistreich, witzig und modern wirken konnten.

"Die Zürcher Verlobung" Deutschland 1944, Regie: Helmut Käutner, Drehbuch: Helmut Käutner, Heinz Pauck, Barbara Noack (Roman), Darsteller : Liselotte Pulver, Bernhard Wicki, Paul Hubschmid, Rudolf Platte, Wolfgang Lukschy, Werner Finck, Maria Sebaldt, Sonja Ziemann, Laufzeit : 103 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Käutner:

1 Kommentar:

  1. Schön, wie der Film mit Liselotte geschildert wird. Fast schon ein Zahnarztroman, doch von höherer Qualität (?). Hatte auch gerade meinen eigenen "Zahnarztroman" bei einem Zahnarzt in Zuerich, da ging es auch drunter und drueber, doch mit Happy End, gluecklicherweise!

    AntwortenLöschen