Dienstag, 16. April 2013

Der rote Kreis (1960) Jürgen Roland


Inhalt: Der Deliquent wird zu einer Guillotine geführt, doch das Vorhaben, das Todesurteil gegen ihn zu vollstrecken, misslingt, da der betrunkene Henker einen Fehler macht. Acht Jahre später hält ein Erpresser London in Atem, denn Jeder, der seinen Forderungen nicht nachkommt oder ihn an die Polizei verraten will, wird ermordet. Als Zeichen hinterlässt er einen Papierstreifen mit einem roten Kreis.

Auch Lady Doringham (Edith Mill) wird Opfer des Erpressers, als dieser von ihr verlangt, das Kollier der Familie Doringham gegen ein Imitat einzutauschen. Er hat sie in der Hand, denn er weiß, dass sie ihren viel älteren Ehemann betrügt. Dagegen will sich der ebenfalls erpresste Mr. Beardmore (Thomas Alder) wehren und nicht mehr länger ansehen, wie Scotland Yard ergebnislos versucht, den Mörder zu fassen. Er beauftragt den erfolgreichen Privatdetektiv Derrick Yale (Klausjürgen Wussow) mit der Angelegenheit…


Schon die erste Szene macht deutlich, dass es sich bei dem Mörder, der nach jeder Tat sein Zeichen - einen roten Kreis - zurücklässt, um keinen Wahnsinnigen handelt, sondern um einen ruhig und kalkuliert vorgehenden Verbrecher. Mit wenigen Worten erklärt er Lady Doringham (Edith Mill), die gerade von ihrem Liebhaber kommt, was er von ihr verlangt. Der Tod droht ihr nur, wenn sie seine erpresserische Forderung nicht erfüllt - oder bei Verrat.

Zu Beginn erzählt "Der rote Kreis" noch eine kleine Vorgeschichte, die in Paris spielt, und den gescheiterten Versuch zeigt, einen Mann per Guillotine ins Jenseits zu befördern, weil der betrunkene Henker einen Nagel zu tief eingeschlagen hatte. Vordergründig wirkt die Szenerie fremdartig, ganz abgesehen davon, das es offen bleibt, warum der verurteilte Mörder daraufhin lebenslänglich bekam, was ihm erst die Gelegenheit gab, aus dem Gefängnis zu entkommen. Einzig die Stimme aus dem Off, die vermittelt, dass dieses Missgeschick 8 Jahre später 25 Morde zur Folge haben sollte, stellt die Verbindung zum weiteren Geschehen her.

Im Gegensatz zu diesem ersten Eindruck entwickelt sich die weitere Story sachlich und rational in der Einführung der Protagonisten. Wie schon in der ersten Edgar-Wallace-Verfilmung "Der Frosch mit der Maske" (1959) spielte Ernst F.Fürbringer den Chef von Scotland Yard, dem diesmal Karl-Georg Saebisch als kurz vor der Rente stehender Ermittler Inspektor Parr zur Seite steht. Sein ruhiges und seinem Alter entsprechendes Tempo bleibt für den gesamten Film bestimmend, was diesem zu Gute kommt, da die wenigen Actionszenen wesentlich deutlicher hervortreten, als in einigen späteren Filmen, die vor lauter Morden manchmal den Überblick verlieren.

Ganz so viele Tötungsdelikte können auf den Betrachter auch nicht mehr zukommen, da 19 ungeklärte Morde bereits geschehen sind, wie der Privatdetektiv Derrick Yale (Klausjürgen Wussow) Mr. Beardmore (Thomas Alder) mitteilt, der ihn wegen der Unfähigkeit der Polizei mit der Angelegenheit beauftragt hatte, nachdem er selbst vom "Roten Kreis" bedroht wurde. Eine offensichtlich peinliche Situation für die Polizei, allerdings stellt sich Yale als besonnener Zeitgenosse heraus, der nicht an Konkurrenz interessiert ist, sondern daran, seinen Mandanten zu schützen, weshalb er bereitwillig mit der Polizei zusammenarbeitet.

Regisseur Jürgen Roland bleibt seinem aus der "Stahlnetz" Fernsehserie bekannten geradlinigen, nachvollziehbaren Stil treu, auch bedingt durch die erneute Zusammenarbeit mit Drehbuchautor Wolfgang Menge, so dass der Betrachter dem verwickelten Geschehen problemlos folgen kann. Zu diesem gesellen sich Mr.Beardmors`s Neffe Jack (Thomas Adler), die geheimnisvolle und schöne Renate Ewert als Thalia Parr, deren Chef Froyant (Fritz Rasp) und ein seltsamer Franzose namens Marles (Richard Lauffen), der wieder eine Verbindung zur Pariser Vorgeschichte herstellt. Und - wie in vielen späteren Edgar-Wallace-Filmen üblich - Eddie Arent als Sergeant Haggett, der erst zur Mitte der Laufzeit eingreift, da sich Roland viel Zeit lässt für die Zusammenführung der verschiedenen Handlungsstränge.

Besonders Renate Ewerts Rolle ist bemerkenswert modern gestaltet, da sie erstaunlich frivol und selbstbewusst agiert, und hier trotz ihrer Rolle als Love-Interest nicht zum typischen Opfer wird. Auch ihre Beziehung zu einem der Männer, die bei Edgar Wallace Filmen in der Regel schnell feststeht, bleibt bei der Vielzahl der Interessenten und ihrer bis zuletzt schwer einschätzbaren Rolle lange offen. Neben diesen Qualitäten fallen auch die gut inszenierten Action-Szenen auf, besonders der Mord an Lady Doringham, die den Fehler begeht, die Erpressung der Polizei zu melden.

Dank der Zusammenarbeit von Yale mit der Polizei wird es zunehmend eng für den Erpresser, dessen Spur zurück nach Paris führt, und es kommt zu einem Ende, dass an einen Agatha Christie-Krimi erinnert, wenn Inspektor Parr in Hercule-Poirot-Manier den Täter im Kreis der Verdächtigen mit einem Trick überführt. Selbst der fast versöhnliche Schluss, der noch einmal die Ermittler und den Gesuchten zusammenführt, hat wenig vom üblichen Getöse, das normalerweise zum Tod des Mörders führt. Ganz abgesehen davon, dass die Lösung trotz aller Konstruiertheit nachvollziehbar ist und bei aufmerksamer Betrachtung des Geschehens vorausgesehen werden kann.

Obwohl "Der rote Kreis" schon einige typische Elemente beinhaltet, unterscheidet er sich dank seiner Ernsthaftigkeit und Strukturiertheit von den späteren Filmen der Edgar-Wallace-Reihe. Selbst Eddie Arent albert noch nicht herum, sondern glänzt mit schwarzem Humor. Dieser Tatsache ist es geschuldet, dass der zweite Edgar-Wallace-Film eher zu den unbekannten Filmen der Reihe gehört. Während der "Der Frosch mit der Maske" stilbildend für die späteren Filme wurde, überrascht es nicht, dass Jürgen Roland mit "Der grüne Bogenschütze" nur noch einen weiteren Film nach Edgar Wallace drehte, sondern stattdessen gemeinsam mit Wolfgang Menge Filme wie "Polizeirevier Davidswache" (1964) heraus brachte, deren Handlung eng an die Realität angelehnt wurde. Trotzdem ist "Der rote Kreis" auch für Wallace-Enthusiasten ein Erlebnis, weil er zwei Stile zusammenführte, die scheinbar nicht zusammengehören – eine schräge, plakative Handlung mit einem klassischen Krimi.

"Der rote Kreis" Deutschland, Dänemark 1960, Regie: Jürgen Roland, Drehbuch: Wolfgang Menge, Egon Eis, Edgar Wallace (Roman), Darsteller : Renate Ewert, Klausjürgen Wussow, Ernst F. Fürbringer, Karl-Georg Saebisch, Fritz Rasp, Edith Mill, Eddie ArentLaufzeit : 88 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Jürgen Roland:

1 Kommentar:

  1. Die Sichtung von "Der Frosch mit der Maske" ist bei mir schon ein wenig her, aber damals hatte ich den Eindruck, dass er wesentlich ernster erzählt war als das was für die Wallace-Reihe später typisch war. Von daher wundert es mich, dass Du ihn von dem hier besprochenen Film derart unterscheidest. Er gefällt mir ebenso gut wie die beiden Regie-Arbeiten Jürgen Rolands. Alle drei Filme würde ich zu den Höhepunkten der Reihe zählen, auch wenn ich dem comicartigeren üblichen Stil der Schwarz/weiß-Filme und dem klamaukigeren Stil der Buntfilme der Reihe ebenfalls nicht abgeneigt bin. Aber wie gesagt: die Sichtung ist schon eine Weile her, und es wird wohl wieder Zeit die Filme noch mal auszubuddeln.

    PS: Mir war völlig neu, dass Du neben Deinem Italien-Blog, der an meinem filmischen Interesse ja leider etwas vorbei geht, noch diesen Blog hier betreibst. Bisher gefällt er mir richtig gut, deshalb ist er nun auch in meinem Blog verlinkt, und ich werde in nächster Zeit hier des öfteren herumstöbern. Weiter so! :)

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