Freitag, 3. Mai 2013

Tarzan und die Nazis (Tarzan triumphs, 1943) Wilhelm Thiele


Inhalt: Als Boy (Johnny Sheffield) beim Durchstreifen des Dschungels die Stadt Pallandria entdeckt, stürzt er beinahe von einer Klippe. Zandra (Frances Gifford), die schöne Tochter des Herrschers von Pallandria, versucht ihn zu retten, gerät dabei aber selbst in Gefahr. Glücklicherweise kann Tarzan (Johnny Weissmuller) Beide retten und lernt so auch Zandra kennen, die ihn in ihre Stadt einlädt. Doch Tarzan zeigt kein Interesse an anderen Menschen, sondern zieht sein einsames Leben an der Seite von „Boy“ vor, trotz der Abwesenheit von Jane, die aus familiären Gründen nach London reisen musste.

Seine Einstellung ändert sich auch nicht, als Fallschirmspringer in den Dschungel abspringen, die es auf Pallandria abgesehen haben. Durch Janes Briefe weiß er von dem Krieg, aber auch nachdem er einen Mann, der unglücklich in einem Fluss gelandet war, vor den Alligatoren gerettet hatte, ahnt er noch nicht, dass die „Nazis“ auch in seinen Dschungel vorgedrungen waren. Denn der Funker Leutnant Schmidt (Rex Williams), den Tarzan mit zu seinem Baumhaus nimmt, um ihn zu pflegen, hatte sich als Engländer ausgegeben. Heimlich versucht er, sein Funkgerät zu reparieren, um in Berlin um Hilfe zu bitten, nachdem das Flugzeug, das die Soldaten brachte, abgestürzt war. Doch Sheetah macht ihm einen Strich durch die Rechnung…



„Tarzan triumphs“ sollte gar nicht stattfinden, denn für die MGM, die seit 1932 („Tarzan, the ape man“ (Tarzan, der Affenmensch)) sechs Tarzan-Filme mit Johnny Weissmuller in der Titelrolle produziert hatte, schien die Saga um den Dschungelheld, die auf Basis der Romanvorlage von Edgar Rice Borroughs entstanden war, keine neuen Ideen für ein weiteres Drehbuch zu bieten. Das war die Gelegenheit für RKO Pictures - dem kleinsten Studio unter den „großen Fünf“ in Hollywood - die Rechte an Tarzan zu übernehmen, um die sich RKO schon längere Zeit bemüht hatte. Auch Johnny Weissmuller und „Boy“ Johnny Sheffield, seit dem vierten Tarzan-Film („Tarzan finds a son!“ (Tarzan und sein Sohn, 1939)) mit dabei, konnten verpflichtet werden, nur „Jane“ - Darstellerin Maureen O'Hara nutzte die Gelegenheit, um endgültig von der inzwischen ungeliebten Rolle Abschied zu nehmen.

RKO sollte bis 1948 noch sechs weitere Tarzan-Filme mit Johnny Weissmuller herausbringen (bevor Lex Barker die Titelrolle in „Tarzan's magic fountain“ (Tarzan und das blaue Tal, 1949) übernahm), aber ihr erster und erfolgreichster Film „Tarzan triumphs“ wurde auch von den politischen Ereignissen beeinflusst und reagierte unmittelbar auf den Kriegseintritt der USA gegen Deutschland 1942. Wie viele weitere Figuren der us-amerikanischen Trivialkultur wurde er vor den Propaganda-Karren gespannt, was sich im deutschen Titel „Tarzan und die Nazis“ sehr gut ausdrückte, denn im Gegensatz zu den hintergründig manipulierenden Filmen des nationalsozialistischen Propaganda-Ministeriums war Tarzans Beitrag („Now Tarzan make war“) von plakativer Einfachheit und besetzte statt der gierigen Geschäftemacher und machthungrigen Despoten, mit denen es der „Affenmensch“ üblicherweise zu tun bekam, einen Trupp deutscher Soldaten unter der Führung von Hauptmann von Reichert (Stanley Ridges), die die Einwohner von Pallandria, einer einsam gelegenen Stadt im Dschungel, berauben wollen, als Gegner.

Auch die Geschehnisse um den Dschungelhelden selbst boten wenig Neues, sieht man einmal vom vorsichtigen Versuch ab, mit Frances Gifford eine attraktive Frau als Ersatz für Maureen O'Hara einzuführen, die noch nicht „Jane“ und damit Tarzans „Love-Interest“ sein durfte. Zu den Vorzügen der Tarzan-Reihe gehörte bekanntlich die Möglichkeit, leicht bekleidete Menschen auf die Leinwand zu bringen, aber das unmittelbare Auswechseln der „Jane“ - Darstellerin war RKO moralisch zu riskant, nachdem bisher einzig O'Hara diese Rolle verkörpert hatte. Erst im übernächsten Film („Tarzan and the Amazon“ (Tarzan und die Amazonen, 1945)) sollte Jane wieder aus England zurückkehren, diesmal von Brenda Joyce gespielt. Das führte in „Tarzan triumphs“ dazu, dass Tarzan zwar Liebesbriefe von Jane aus England bekommt, aber die schöne Zandra (Frances Grifford), Tochter des Herrschers von Pallandria, diesmal von ihm gerettet werden darf. Tarzan kommt ihr im dichten Urwald entsprechend nah, selbstverständlich aber nur in lauterer Absicht.

Die schwache Story erzählt eine konventionelle Abenteuergeschichte innerhalb einer künstlichen Dschungelatmosphäre, in der wilde Tiere wie Alligatoren, Piranhas oder Löwen, dank unabhängiger Naturaufnahmen, nie gleichzeitig mit den Menschen im Bild sind, die es nur mit dem Schimpansen Sheeta und dem kleinen Elefanten Balu direkt zu tun bekommen. Im Mittelpunkt steht der von Liane zu Liane schwingende Held, der erst eingreift, nachdem die „Nazis“ seinen Sohn „Boy“ entführt hatten. Johnny Weissmuller, fünffacher Schwimm-Olympiasieger, war die ideale Verkörperung des nur in sehr einfachen Sätzen sprechenden „Guten“, der zum Schutz der „Schwachen“ gegen die „Bösen“ kämpft. Der Propaganda-Charakter des Films wirkt entsprechend aufgesetzt, denn die „Nazis“ geben hier bloß die typischen, einseitig charakterisierten Bösewichter ab, wie sie in allen Tarzan-Filmen vorkommen. Erst erschleichen sie sich das Vertrauen der arglosen Dschungel-Bewohner, bevor sie sie mit ihren Waffen überwältigen und als Arbeiter ausbeuten. Zudem hat Hauptmann von Reichert ein Auge auf Zandra geworfen, was zum Tode ihres Bruders führt, als ihr dieser zu Hilfe kommen will.

Einzig der Versuch, das Funkgerät zu reparieren – Schimpanse Sheetah hatte die Antenne erst entwendet und dann versteckt – um ein neues Flugzeug aus Berlin herbei zu rufen, dass die „Nazis“ wieder abholt, hält die Handlung in Gang, während der Grund für ihren Aufenthalt an diesem unwirtlichen Ort bald keine Rolle mehr spielt. Die Erwähnung Berlins anstatt eines nachvollziehbaren Stützpunktes in angemessener Reichweite, hatte nur den Zweck, die Hauptstadt des Feindes mit einzubeziehen, obwohl es von dort kein Flugzeug in den Dschungel geschafft hätte. Schon der Absturz des Fliegers, von dem aus die Soldaten zuvor mit dem Fallschirm abgesprungen waren, widersprach jeder Logik. Dieser geriet in einen Vogelschwarm, nachdem die Piloten wieder gewendet hatten, um dem beim Absprung verletzten Funker Leutnant Schmidt (Rex Williams) zu Hilfe zu kommen –  ein unsinniges Vorhaben, denn wie hätten sie mitten im Dschungel neben einem von Alligatoren bevölkerten Fluss landen sollen, an dessen Ufer Schmidt lag?

Offensichtlich genügte es im us-amerikanischen Propaganda-Film das sowieso vorhandene Feindbild zu bestätigen, ohne tatsächliche Bezüge zu realen politischen Intentionen herzustellen. Trotzdem birgt die Story um die „Nazis“ einige Eigenheiten im Detail, die dem hanebüchenen Geschehen mit ironischem Witz begegnen. Zu verdanken sind diese dem Einsatz von Emigranten, die häufig für Propaganda-Filme verpflichtet wurden. Dem österreichischen Regisseur Wilhelm Thiele, der für die UFA sehr erfolgreiche Komödien gedreht (unter anderen „Die Drei von der Tankstelle“, 1930) hatte, bevor er wegen seiner jüdischen Herkunft 1933 emigrieren musste, wurde die Inszenierung übertragen. In Hollywood hatte er zwar schnell Fuß gefasst, drehte aber hauptsächlich B-Pictures, weshalb „Tarzan triumphs“ und der folgende Tarzan-Film „Tarzan’s desert mystery“ (Tarzan, Bezwinger der Wüste, 1943) seine populärsten Filme blieben.

Gemeinsam mit Darstellern wie Sig Ruman, Philipp Van Zandt, Otto Reichow oder Wilhelm Von Brincken, die ebenfalls vor den Nationalsozialisten in die USA geflüchtet waren und hier als deutsche Soldaten besetzt wurden, gelang es Thiele, die „Nazis“ ins Lächerliche zu ziehen. Deren wiederholt geäußertes Credo „Der Starke besiegt den Schwachen“, das sich später gegen sie selbst richten sollte, oder der Vorschlag an einen Besserwisser, er sollte zur „Gestapo“ gehen, da diese sich auch immer ihrer Sache sicher wäre, geben dem Film eine zeitgeschichtliche Note, wie auch die ins Englische eingeflochtenen deutschen Begriffe. Der Höhepunkt des Films ist gleichzeitig dessen letzte Szene – nachdem die „Nazis“ im Dschungel besiegt wurden, spielt Sheetah noch ein wenig mit dem Funkgerät und schnattert ins Mikrophon. Die Offiziere in Berlin glauben in den Affenlauten Adolf Hitler zu erkennen und salutieren vor ihrem Funkgerät mit dem Hitler-Gruß.  

"Tarzan triumphs" USA 1943, Regie: Wilhelm Thiele, Drehbuch: Carroll Young, Roy Chanslor, Darsteller : Johnny Weissmuller, Johnny Sheffield, Frances Gifford, Stanley Ridges, Sig Ruman, Laufzeit : 76 Minuten

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